Stormspotting Bericht vom 22.05.2011

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Fotos und Videos wurden von den Mitgliedern des Stormspotter Teams gemacht und unterliegen dem Copyright von www.stormspotter.de
Die Wetterradarfotos unterliegen dem Copyright der dazu verlinkten Webseiten.

Die Wetterdaten von meiner kleinen Wetterstation können in einigen Punkten von den anderen Wetterstationen aus der Gegend abweichen!

Der Bericht:

Schon ein paar Tage vor dem 22.05. wurden in einigen Foren die eventuelle Entwicklung von Unwettern diskutiert. Am Vortag gab es noch viel Sonne und Temperaturen über 25 Grad. Dies hielt am Vormittag des 22.05. weiterhin an und ließ vor allem in Richtung Osten einige, teils schwere, Gewitter entstehen. Schon am Morgen berechnete Estofex für unsere Region, wenn auch ein enges, Level 1. Aus dem nichts entwickelte sich gegen 11 Uhr eine kleine, aber größer werdende Gewitterzelle vor Helmstedt. Die Bewegung der Zelle war anfangs noch langsam, nahm aber im weiteren Aufbauverlauf in Richtung Nordost zu. Ich startete alleine eine kleine Ausfahrt in Richtung Sickte, um mir die prachtvolle Ambosswolke anzusehen. An der L625, direkt bei der Aus- und Auffahrt 10 Sickte der A39, konnte ich abseits der Straße ein paar nette Fotos der Zelle anfertigen. Auch ohne Radar wurde mir klar, das diese Zelle ziemlich kräftig geworden war und ständig von der Rückseite her anbaute. Das diese Zelle mehr als nur ein starkes Gewitter war, zeigten Bilder des aus Celle startenden Harz und Heide Chasingteam. (Der Link zu den Fotos folgt unten!). Auch die abendlichen Nachrichten berichteten darüber und legten mit einer Funnelcloudbeobachtung noch einen drauf. (Link ebenfalls unten vorhanden.) Nach einigen Minuten entschloss ich mich jedenfalls nach einer telefonischen Rücksprache mit Martin, eventuell doch die Zelle zu jagen. Doch schon bei Königslutter stoppte ein Stau meinen Lauf, sodass ich noch ein paar Fotos direkt am Elm anfertigte und dann die Beobachtungen einstellte. Schon bei der Heimfahrt bemerkte ich vermehrte Konvektion (Wolkenbildung) um mich herum. Für mich gab es in den darauf folgenden Stunden eine kleine Erholungspause. Nebenbei folgte immer wieder ein Blick auf die Radarbilder.

Quelle: Estofex

Von Zeit zur Zeit prägte sich die Kaltfront immer weiter aus. Gegen 15:30 Uhr hatte sich eine breite Linie quer von Nord- bis Süddeutschland entwickelt. Stärkste Gewitterentwicklung gab es im mittleren Bereich von Deutschland, als Beispiel Siegen. Martin, Kevin, Björn und Freundin, sowie meine Wenigkeit, machten uns gegen 16 Uhr auf zum Feld, um die Lage vor Ort zu besprechen. Wie so oft standen wir nun zwischen Geitelde und Stiddien und warteten weite Entwicklungen der Front ab. Über das mobile Internet und somit den Radarbildern, konnten wir zunehmend eine Verstärkung der Front direkt auf Höhe von Hildesheim erkennen. Von unserem Standort aus gab es allerdings nichts besonderes zu erkennen, sodass wir alle beschlossen der Front etwas entgegen zu fahren. Ein weiterer Faktor, der für diese Aktion sprach, war eine leichte Zugänderung der Zelle. Diese hatte von Nordost nach Nordnordost gewechselt und sollte somit nur Peine streifen. Doch spätestens bei Oberg fiel uns auf, das irgendwas nicht stimmte. Das mobile Internet versagte unterwegs, sodass wir nun technisch Blind waren. Wir konnten noch zu unserer linken eine etwas zerfranste Böenfront erkennen, doch hatten wir keine Möglichkeit irgendwo zu halten.

Quelle: Wetteronline
Quelle: BLIDS.de

Im Raum um Ilsede hatten wir einen Halt gemacht, um uns beraten, denn nun waren wir schon mitten im Geschehen. Starke Abwinde und heftiger Regen setzte blitzartig ein. Die Blitzrate stieg auf knapp 25 Blitze die Minute an. Wir kamen zu der Schlussfolgerung das ein Rückzug in Richtung Braunschweig doch besser wäre. So fuhren wir entlang der B444 wieder nach Peine, um dort die A2 zu nehmen. Während unserer fahrt waren teilweise Regenabschnitte dabei, die ein fahren fast unmöglich machten. In Peine gab es mehrere direkte Blitzeinschläge, jedoch keine weitere Zunahme der Blitzrate. Zunehmend verschlechterte sich die Lage und somit die Möglichkeit eventuell wieder direkt aus den Schlamassel heraus zu kommen. Auf der A2 gab es nur ein mal eine kleine Regenpause, bevor auf Höhe Zweidorferholz wieder starker Regen einsetzte. Bis dahin blieb die Blitzrate gleich, jedoch gab es nun mehr Wolkenblitze. Kurz vor der Ausfahrt Watenbüttel, die als alternative Ausfahrt gedacht war, setzte ein extrem kräftiger Regen ein, der alle Autofahrer der A2 auf bis zu 50 km/h herunter bremste. Die Sicht war weit unter 50 Metern gesunken.

Zur Erklärung was es mit der Ausfahrt Watenbüttel auf Sicht hatte: Da wir weiterhin davon ausgingen, die Front sei auf der Zugbahn Nordnordost, hatten wir gedacht auf höhe Watenbüttel an einer kleinen Anhöhe die Böenfront noch einmal zu sehen, oder überhaupt aus dem Abwindbereich heraus zu kommen. Dies war aber nach einer späteren Analyse am Radar nicht möglich, da sich direkt bei Braunschweig West die Front weiter ausgebaut hatte und somit noch eine weitere starke Zelle bildete. Theoretisch waren wir wie ein Tier in der Falle.

Als nun bei der Ausfahrt BS-Hafen auch in 75 Metern die ersten Warnblinker angingen nahmen wir die Abfahrt und stellten uns an die Shell Tankstelle Hansestraße, um das Unwetter hinweg ziehen zu lassen. Aus der Rückseite der Zelle entstanden immer wieder Wolken-Wolkenblitze mit schönen Strukturen. Uns wurde nach dem Durchzug deutlich kälter, das bestätigte uns das die Kaltfront somit durch war. Nach einem kurzen Plausch beendeten wir das Spotting, in dem Fall eher Chasing. Interessanterweise gab es im mittleren und südlichen Teil von Braunschweig keine starken Regenfälle wie im Norden. Laut Zeugenaussagen gab es hier zwar stärkeren Wind und etwas Donnergrollen, aber nur ganz ganz leichter Regen. Dieser Regen war so wenig, das selbst meine Wetterstation davon keine Daten aufgezeichnet hatte. Eine viertel Stunde nach dem Durchzug gab es einen leichten Regenschauer.

Quelle: Wetteronline
Quelle: BLIDS.de

Nachdem nun das Team wieder Zuhause war, entstand kurze Zeit darauf noch eine kleinere Gewitterzelle bei Hameln. Die Zugrichtung war wieder Nordost und hielt somit direkt auf Braunschweig Süd zu.
Gegen 19:50 Uhr beschlossen Martin, Kevin, Benni und ich noch einmal aufs Feld zwischen Geitelde und Stiddien zu fahren. Dort angekommen bemerkten wir schnell viele Regenzellen tiefe und sogar turbulente Absenkungen hatten. Diese Beobachtung konnten wir von Norden bis Südwesten machen. Wie in unserem Video zu sehen, (Ab Minute 04:36) sind die einzelnen Wolkenfetzen zwar extrem in Bewegung, allerdings enthalten sie keine Rotation. Die Peiner Zeitung berichtete am Montag, dass es beinahe zu einem Tornado bei Lahstadt (Link dazu, ganz unten!) gekommen wäre. Einige Chaser vom Team Harz und Heide waren dran und hatten auch eine Rotation gesehen. Während unserer Beobachtung behielten wir auch die heranziehende Gewitterzelle im Auge. Sie hatte keine besonderen Strukturen und blitze auch nur alle 5 Minuten einmal. In der Zwischenzeit konnten wir ein anderes, besonderes, Highlight des Abends beobachten. Da die Sonne es in der Untergangsphase auch schaffte, sich unter die vorhandenen Wolken zu schieben, wurden die über uns hinweg gezogenen Wolken mit dem Abendrot angestrahlt. Dieses vermittelte eine etwas unheimliche Atmosphäre. Nachdem die Sonne dann endgültig untergegangen war, stand auch schon die Zelle fast vor der Tür. Leider brachte sie neben Abwinden von Windstärke 5 und leichten Regen keine Blitze mehr hervor. Gegen 21 Uhr beendeten wir unseren Spottereinsatz.

Fazit:
Uns wurde auch an diesem Tag wieder bestätigt, das es sich nicht lohnt an Zellen heran zu fahren. Aufgrund mehrere Faktoren, die uns in diese missliche Lage brachten, kamen wir von einem Desaster ins nächste. Keine Fotos, verfahrene Kilometer und viel Regen betrübte die Stimmung an der Hansestraße. Das Frontgewitter allgemein hat entlang einer großen Linie viel Regen, teils auch Hagel, Blitze und Böen hervorgebracht. Selbst noch von der Rückseite hatte das Multizellengewitter einige Blitze im Gepäck. Eine Unwettermeldung (Starkregen mit Sichtweiten unter 50 Meter) wurde von mir getätigt. Die Entschädigung für diese Odysee folgte dann am Abend, mit vielen turbulenten Absenkungen und den rot angestrahlten Wolken. Ein wahrlich schöner Abschluss. 

Berichte- und Presselinks
Newsclick – Vorstufe zum Tornado (Offline)
Wetterzentrale Bericht von Marcel B. aus Wolfsburg
Peiner Zeitung – Bedrohlicher „Beihnahe Tornado“ bei Lahstedt
Bericht von Thomas Sävert – Funnelcloud bei Hötensleben
Stormchaser Europe Forumbericht von Torben B. aus Celle (Offline)

Hier das Video vom Funnelcloud, welches vom Sturmjagt angefertigt und online gestellt wurde.

-=vielen Dank fürs Lesen=-