Stormspotting Bericht vom 04 und 05.07.2015

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Fotos und Videos wurden von den Mitgliedern des Stormspotter Teams gemacht und unterliegen dem Copyright von www.stormspotter.de
Die Wetterradarfotos unterliegen dem Copyright der dazu verlinkten Webseiten.

Die Wetterdaten von meiner kleinen Wetterstation können in einigen Punkten von den anderen Wetterstationen aus der Gegend abweichen!

Der Bericht:

Der Juli begann mit drei kräftigen Hitzetagen. Dies hatten wir dem Wettereinfluss einer Sahara-Strömung zu verdanken. Am 04. wurden die Temperaturen von 40 Grad über weite Teilen von Deutschland geknackt. Am späten Abend des selben Tages entwickelten sich überall teils heftige Gewitter. Braunschweig ging jedoch wieder leer aus. Gegen 22:30 Uhr entwickelte sich plötzlich kurz vor Wolfsburg eine einzelne Gewitterzelle mit einer ordentlichen Blitzrate. Dabei drangen einige aus dem Turm heraus. Dies war ein Grund warum ich (Sebastian) mich direkt auf den Weg machte, um diese Zelle von der Rückseite abzulichten.

Gegen 23:15 Uhr erreichte ich einen kleinen Feldweg bei Scheppau im Osten von Braunschweig. Von hier konnte ich gleich mehrere Zellenentwicklungen und ein paar wenige Blitze dokumentieren. An meinem Standpunkt blitze es fast rundum. Zur selben Zeit hatte auch die Gewitterzelle in Magdeburg noch einmal aufgedreht und machte mit einen gewissen Flackern auf sich aufmerksam. Die von mir boebachtete Zelle konnte nur selten Blitze außerhalb des Niederschlagsschleiers niedergehen lassen, sodass wahrlich nur ein paar Bilder gelangen. Gegen 00 Uhr beendete ich die Beobachtung.

Am Sonntag den 05.07. ging es mit Temperaturen von um die 35 Grad weiter. Eine Kaltfront sollte in den Abendstunden nach und nach für Abkühlung sorgen. Gegen Mittag starteten Benni (ehemaliges und auch neues Stormspotter Mitglied) und ich (Sebastian) zu einem Spotting nach Mascherode. Mehrere starke Gewitterzellen bildeten sich am nördlichen Harzrand und zogen nur recht langsam nordostwärts weiter. Die eigentliche Bewegung entstand allerdings durch reine Konvektion. Wie mir aus vertrauten Kreisen zugetragen wurde, kamen im Raum Wernigerode und Bad Harzburg kirschgroße Hagelkörner runter. Nach einer Stunde Beobachtung und einen raschen Abbau der Zelle zu den westlichen Flanken hin, von der wir die Zelle auch beobachten wollten, beendeten wir die Beobachtung gegen 15:30.

Quelle: Wetteronline
Quelle: BLIDS.de

Gegen 18 Uhr deutet sich auf dem Niederschlagsradar endlich die Kaltfront ab. Es steuerte ein massives Gewittersystem auf Braunschweig und die Region zu. Ich machte mich gegen 18:30 Uhr erneut auf, um ein sehr starkes und ausgeprägtes Gewittersystem zu dokumentieren. Es war bereits weit vor Braunschweig extrem gut organisiert und hatte teils signifikante Reflektionen auf dem Niederschlagsradar. Zwischen Mascherode und Salzdahlum bezog ich gegen 18:55 Uhr Position. Es folgte der Aufbau einer GoPro, der normalen Videokamera und natürlich der eigentlichen Kamera. Zuerst war der Himmel im Westen nur dunkel. Dann tauchten vereinzelt ein paar Blitze auf bis am Ende sich eine starke und monströse Böenfront auftat. Von mir zuerst nicht realsiert, entwickelte sich unterhalb der Böenfront ein Sandsturm. Hierfür wirkten mehrere Faktoren zusammen, die eigentlich selten im Raum Braunschweig aufteten. Die enorme Hitze der letzten Tage ließ viel Staub und Stand enstehen. Auch die relativ windstille über die besagten Tage hinweg sorgte dafür, das kaum etwas an Staub transportiert wurde. Zu guter Letzt kamen am erwähnten Tag die Gewitterböen hinzu, welche das ganze in die Luft presste. So stand ich nun einen guten aber kurzen Sandsturm entgegen. (Wie man auch auf dem Video gut sehen kann.)  Es folgten Positionswechsel und viele neue Einstellungen für die GoPro, die mittlerweile auf das Dach des Fahrzeugs montiert wurde.

Quelle: Wetteronline
Quelle: Wetteronline
Quelle: BLIDS.de


Da ich Hagel nicht ausschießen konnte, versuchte ich nach Salzdahlum zu gelangen, doch schließlich entschied ich mich bei Mascherode einen Platz zu suchen. Es folgten viele Wolke-Wolke Blitze, Orkanböen und wolkenbruchartiger Regen. Natürlich gab ich noch vor Ort eine Meldung an Skywarn ab. In diesen 10-15 Minuten des Durchzugs peitschte der Regen gegen das stehende Auto, welches ich hinter Büschen platzierte. Trotz der Büsche, welche eigentlich den meisten Wind abhalten sollten, wackelte das Fahrzeug immer wieder hin und her.  Gegen 19:25 Uhr war der starke Zellkern durchgezogen. Nun war es mir zumindest wieder Möglich den Kopf aus dem Fenster zu halten. Die meisten Blitze folgten hinter der Zelle, sodass ich am Ende doch noch ein paar Blitzfotos anfertigen konnte. Für ein paar Minuten machte ich bei einem kleinen  Waldstück in Richtung Elm weitere Fotos. Kurz nach 20:15 entschloss ich mich das Spotting zu beenden.

Quelle: Wetteronline
Quelle: Wetteronline

Doch die Heimfahrt hielt noch einiges für mich bereit. Abgesehen von den vielen kleineren und größeren Floraschäden auf den Straßen und den Fußwegen wurde auch der Verkehr in Braunschweig behindert. So musste der Straßenbahnbetrieb in Stöckheim kurzzeitg eingestellt werden, weil ein Ast auf die Oberleitung gefallen war. Am Boden lagen bereits vom Fahrer weggeschaffte Äste, doch etwas hing noch in der Oberleitung. Bei der Fischerbrücke in Leiferde fiel ein großer Ast auf die Brücke. Im Gegensatz zu Orkan Kyrill vor einigen Jahren, war der Ast nicht so groß als das dieser die Brücke beschädigen konnte.

An der A39 Richtung Wolfenbüttel auf Höhe Heidberg musste die Polizei einen Fahrstreifen sperren, da ein Baum sich stark an die Lärmschutzwand neigte. An vielen Ecken in Braunschweig gab es mal stärkere und dann wieder leichtere Floraschäden. Aus verlässlichen Quellen erfuhren wir auch das gerade im nördlichen Braunschweig für eine gewisse Zeit ganze Ortsverbindungen durch umgestürtze Bäume nicht befahrbar waren. Ähnliche Meldungen erreichten uns auch von Bekannten aus Gifhorn und Wolfsburg.

Kurz vor dem trauten Heim fiel mir auf dem Niederschlagsradar eine neue starke Gewitterzelle auf. Diesmal konnte ich Benni erreichen, sodass wir beide noch einmal gemeinsam herausfuhren. Nach einer kurzen Einschätzung bei Geitelde ging es direkt weiter nach Wolfenbüttel-Adersheim. Doch diesmal war die Zelle schneller. Wir gelangten rasch ins Niederschlagsfeld mit Starkregen und heftigen Böen. Das Timing von uns war so eng, das wir gerade so noch die Reste einer ehemalig schönen Böenfront aufnehmen konnten. Mit dem Ziel sich noch einmal vorsetzten zu wollen, fuhren wir die Autobahn wieder zurück nach Braunschweig. Bei Abfahrt Stöckheim waren wir aus dem Niederschlagsbereich raus. Auf Höhe Mascherode, Richtung Stöckheim, konnten wir uns noch einmal an der Flanke dieser Gewitterzelle postieren. Die Böenfront war jetzt bereits komplett aufgelöst aber die Zelle blitze recht gut. Gegen 22 Uhr beendeten wir diesen erlebnisreichen Tag. Gegen Mitternacht gab es erneut ein paar kurze Entladungen im Raum Braunschweig, diese waren allerdings recht schwach und uninteressant. Die Temperatur fiel nach dem Durchzug der Kaltfront um 12 Grad.

Quelle: Wetteronline
Quelle: BLIDS.de

Analyse / Fazit:
Die Nachgewitter vom 04.07. war eigentlich nicht besonders. Aufgrund der hohen Temperaturen entwickelten sich im Raum Wolfsburg, Gifhorn bis Richtung Osten einiges an Hitzegewitter. Abgesehen von moderaten Regen, spektakulären Blitzen und Graupel (Gefrohrene Körner mit einer Größe von weniger als 1 Zentimeter) war es relativ ruhig geblieben. Schlimmer fiel dagegen das Unwetter vom 05.07. aus. Das Gewitter vom Nachmittag, welches sich im nordöslichen Harz entwickelte und austobte, hatte kaum Einflüsse auf die Luft bei Braunschweig. Dennoch war diese Zelle in ihrem weiteren Verlauf mit kirschgroßen Hagel nicht ohne. Komme ich aber nun zur eigentlichen und somit zum unwetterartigsten Gewitter seit Jahren. Von Celle bis zum Brocken entwickelte sich nach und nach ein sehr kräftiges Gewittersystem. Allgemeine Erscheinungen beim Durchzug waren sehr starke Gewitterfallböen (Fachlich auch Downbursts genannt), wolkenbruchartiger Regen und heftige Blitzentlandungen, sogar mit einschlägen. Schadensdokumentationen und Analysen bestätigten die Annahme, das es sich nicht wie manch einer meint, um ein Tornado oder ähnliches handelte, sondern viel mehr um mehrere Downbursts der Stärke T1, wenn nicht sogar T2. Indizi dafür sind die Fallrichtungen und auch die Stärke der Schäden. Die intensität der Downbursts waren teilweise so stark das auch Bäume mit einem Durchmesser von 40-50 Zentimer umkippten. Die anderen Schäden außerhalb von Braunschweig müssten jeden durch die Medien bekannt sein. Ein solch gewaltiges Gewittersystem, welches mehrere starke Downbursts auf einer Distanz von über 100 Kilometern hervorbringt, taucht in unserer Region relativ selten auf. Zudem war ich verblüfft das es keinen Hagel gab. Am Ende der entsprechenden Galerie gibt es noch ein paar Eindrücke der Schäden und Aufräumarbeiten.

-=vielen Dank fürs Lesen=-